4. Etappe - Reschenpass Arlbergpass Flexenpass Hochtannenbergpass - 163km

Am nächsten Morgen starteten wir durch den Vinschgau Richtung Westen zum Reschenpass. Auf der Karte sah (und sieht) die Süd-Rampe wie eine Murmelbahn aus und ließ auf Fahrspaß hoffen. Wie entlang eines Sägeblatts ging es ab dem Örtchen Mals ein Stück gerade aus, dann eine Zacke und wieder geradeaus bis zur nächsten Zacke. Mitten im Sägeblatt machten wir an einem Kriegerdenkmal kurz Halt um den Cache GC2ZTAW zu loggen.

 

Vor Ort hatten wir uns mit diesem Denkmal gar nicht groß auseinander gesetzt. Erst zu Hause stellten wir fest, dass dies ein Überbleibsel der faschistischen italienischen Führung war. Diese lies im Jahr 1939 dieses Denkmal erbauen, welches auch gleichzeitig ein Beinhaus ist und die Überreste von 312

gefallen Soldaten enthält. Im April 1938 exhumierte man Leichen von Soldatenfriedhöfen verschiedener Orte und brachte sie hierhin. Es wurde damals bewusst in Grenznähe errichtet, um den Leuten den Eindruck zu vermitteln, dass die hier begrabenen Soldaten für die Sicherung der nahe Grenze nach Österreich gefallen seien. Tatsache aber ist, dass die Malser Haide im 1. Weltkrieg nie Kriegsschauplatz war. Es war also eine großangelegte Geschichtsfälschung aus der Mussolini-Zeit. Eine Plakette am Denkmal weist allerdings darauf hin, für die, die sie sich durchlesen.


Weiter ging es hoch zum Reschenpass. Auf nur 10 Kilometer ging es 1000 Höhenmeter nach oben, auf allzu viele Kurven darf man aber (abgesehen vom „Sägeblatt“) nicht hoffen. Der Reschensee hat seine jetzige Gestalt durch die Seestauung 1950 erhalten. Dabei wurde das gesamte Dorf Graun und ein Großteil des Dorfes Reschen in den Fluten des Stausees versenkt. Heute zeugt nur noch der aus dem Reschensee ragende Kirchturm vom versunkenen Alt-Graun. Das Projekt zur Aufstauung der vorherigen Naturseen hatte bereits 1939 unter der damaligen faschistische Regierung begonnen. Die Einwohner wurden im „nationalen Interesse zur Stärkung der nationalen Industrie“ zwangsenteignet und zur Aus- oder Umsiedlung gezwungen. Die Gebäude wurden nach und nach gesprengt. Während der ganzen Bau- und Umsiedlungszeit waren die betroffenen Gemeinden machtlos, hatten sie unter dem faschistischen Regimes von 1923 bis 1952 keine gewählten Volksvertreter. Finanzierungsschwierigkeiten und der Zweite Weltkrieg verzögerten die Bauarbeiten.
Im Sommer 1950 waren dann die gesamten Gebäude gesprengt und wurden überflutet, die Bewohner waren entweder zwangsausgewandert oder in ein Barackendorf umgesiedelt worden. Der romanische Turm aus dem 14. Jahrhundert wurde als einziges Relikt aus Gründen des Denkmalschutzes stehen gelassen und ragt bis heute aus dem Wasser heraus. Im Winter, wenn der See zugefroren ist, kann man ihn zu Fuß erreichen. Gerüchten nach kann man im Winter die Glocken des Turmes läuten hören. In Wirklichkeit wurden die Glocken aber eine Woche vor dem Abbau der Kirche und der Überflutung abmontiert.

Ein Stopp am Glockenturm war für uns natürlich absolute Pflicht. Auch ohne Cache GC1CYGD hätten wir hier Halt gemacht, um den Blick über den See und zum Turm zu genießen. Der Pass selbst liegt noch 5km hinter dem Kirchturm und ist eher unspektakulär. Es gibt keine Richtige Auf- und Abfahrt, lediglich ein Schild so wie der Grenzübergang nach Österreich machen auf den 1504m hohen Reschenpass aufmerksam.

Aufregender war da die Auffahrt zum Arlbergpass. Ab Landeck begleiteten sanfte Bögen den Fluss Rosanna und ab Pettneu wurden die Kurven enger und interessanter. In St. Anton wollten wir eigentlich für ein Mittagessen einkehren, aber nach der Ski-Saison war dieser Ort wie ausgestorben und so setzten wir uns wieder auf unsere Schätzchen und genossen die herrlichen Schräglagen bis hoch zum Pass, wo wir auf 1793m Höhe im obligatorischen Pass-Restaurant (wovon es hier mehrere gab) unser Essen genossen. Hier war diesmal richtig viel los. Anscheinend ist dieser Alpenübergang bei Touristen sehr beliebt. Mehrere Reisebusse ließen hier ihre Insassen auf die Souvenirläden los.

Bevor die Abfahrt so richtig begann, bogen wir Richtung Flexenpass ab. Hatte uns die Anfahrt zum Arlbergpass schon gefallen, so waren wir jetzt aus dem Häuschen. Die in die Felswand gehauene Lawinenschutz-Galerie raubte uns den Atem. Wie durch eine Geisterbahn ratterten wir durch die dunkle Galerie, den Duft von Holz und Schmelzwasser in der Nase. Da die Kurven in der Galerie nicht einsehbar waren, war hier Konzentration und Bremsbereitschaft gefragt. Kurz nach dem wir den Felsen verlassen hatten, waren wir auch schon am Flexenpass mit 1773m Höhe angekommen. Kein Denkmal, keine Gebäude nur ein Schild, ein kleiner Parkplatz und reine Natur!

Wahrscheinlich hat ihn seine Nähe zum Arlbergpass die Popularität gekostet, dafür ist die Strecke nicht so stark frequentiert und wir konnten die Fahrt so sehr genießen! Die Abfahrt führte uns durch Zürs, welches zu dieser Zeit einer Geisterstadt ähnelte. Alle Läden geschlossen, alle Türen und Fenster verriegelt, nirgendwo eine Menschenseele. Es fehlte nur noch das Röcheln eines um die Ecke schleichenden Zombies, um die Endzeitstimmung perfekt zu machen. Etwas weiter unten in Lech tauchte dann wieder Leben auf und wir erledigten noch schnell einen Cache GC4XFGQ, quasi im vorbeifahren. Die weitere Abfahrt bis nach Warth ist dann wieder etwas für Genießer. Wie ein Vorgang liegen die Berghänge in Falten, denen die Straße kurvenreich folgt. Kein großes Gefälle aber dafür eine Schräglage nach der anderen.

 

Bei Warth bogen wir dann zum letzten Pass des Tages ab. Es wurde wieder merklich voller auf der Straße und nach nur 5 km gespickt mit schönen Kurven und Galerien erreichten wir den Hochtannenbergpass. So kurz die Anfahrt so langgezogen und interessant war die Abfahrt. Es folgte eine Spitzkehre nach der anderen auf der breiten und toll ausgebauten Straße. Die Serpentinen wurden nach einigen Kilometern von flotten Wechselkurven abgelöst bevor sie Richtung Tal in langgezogene Bögen übergingen. Eine Strecke für Genießer mit tollem Ausblick auf die Spitzen des Arlgebirges.

 

Leider trübte der aufkommende Regen unseren Fahrspaß, so dass wir uns nach ca. 163km in Au nach einer Unterkunft umsahen. Mit dem TreSoli fanden wir ein hübsches Restaurant mit Ferienwohnungen in den oberen Etagen, wo wir uns nach dem Regen aufwärmen konnten und eine gemütliche Zeit hatten.